Die EU-Kommission will Polen oder Ungarn bei Verletzungen gegen die Unabhängigkeit der Justiz oder Geldverschwendung durch korrupte Regierungssysteme nicht verschonen. Die Kommissionsvizepräsidentin und Kommissarin für Werte und Transparenz, Vera Jourova, verspricht, dass durch den im Dezember beschlossenen Rechtsstaatsmechanismus kein einziger Fall verloren gehen wird: „Der neue Mechanismus ist seit 1. Januar anwendbar, und sobald der EuGH entschieden hat, können wir auch rückwirkend aktiv werden. Deshalb werden wir die Überprüfung der Mitgliedstaaten intensivieren“, sagte Jourova dem „Handelsblatt“ (Mittwochsausgabe).
Notwendig sei eine schnelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), um bei Verstößen auch EU-Mittel kürzen zu können: „Wir werden uns sehr auf den Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft konzentrieren, aber auch auf die Unabhängigkeit der Justiz. Eines ist auch klar: Gegen Polen und Ungarn laufen Vertragsverletzungsverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags, die im schlimmsten Fall zum Entzug der Stimmrechte im Rat führen können“, sagte Jourova. „Deshalb stehen diese beiden EU-Länder im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit.“ Der neue Rechtsstaatsmechanismus, der im Dezember von den Staats- und Regierungschefs unter deutscher Ratspräsidentschaft beschlossen wurde, wird vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg geprüft. Das war die Bedingung der Regierungen von Polen und Ungarn für ihre Zustimmung. Jourova versteht den Rechtsstaatsmechanismus als ein „faires und sehr effektives Instrument“ der EU. Sobald der EuGH über die Klage von Ungarn und Polen entschieden hat, kann er auch rückwirkend angewendet werden. Einen Termin für die Entscheidung gibt es aber noch nicht. (dts Nachrichtenagentur)