Die Bundesregierung hält trotz der jüngsten Massaker an der Minderheit der Drusen an ihrem Plan fest, nach Syrien abzuschieben. Das zeigt eine Antwort des Auswärtigen Amts vom 22. Juli auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion, über die die „Welt“ berichtet.
„Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, nach Syrien rückzuführen. Der Bund unterstützt die Länder und arbeitet auf die Ermöglichung der Rückführungen hin“, heißt es in dem Schreiben.
Die außenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Cansu Özdemir, die die Anfrage gestellt hatte, kommentierte mit Bezug auf Syriens Präsidenten: „Es ist skandalös, dass die Bundesregierung die islamistische Übergangsregierung so normalisieren möchte, obwohl Ahmed al-Scharaa mit seinen Terrorgruppen aktuell die Religionsgemeinschaft der Drusen massakriert. Nur weil ein al-Dscholani zum al-Scharaa mit Krawatte wurde, macht ihn das nicht zum vertrauenswürdigen Partner der Bundesregierung.“
„Es ist innen- und außenpolitisch unverantwortlich, vor diesem Hintergrund Abschiebedebatten zu führen“, sagte auch Grünen-Außenpolitikerin Luise Amtsberg, in der Ampel-Koalition noch Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung. „Die Bundesregierung muss aufhören, zu versuchen, aus der äußerst fragilen Lage in Syrien für sich politisches Kapital zu schlagen.“
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), verteidigte das Vorgehen der Regierung: „Syrische Asylanträge stützten sich auf die Verfolgung durch das Assad-Regime und auf den Bürgerkrieg, diese Schutzgründe sind weggefallen“, sagte Throm.
„Jedenfalls die sunnitischen Araber können jetzt sicher nach Syrien heimkehren, die auch den allergrößten Anteil der Syrer in Deutschland ausmachen.“
Eine Sprecherin der SPD-Fraktion sagte: „Die syrische Regierung ist in der Pflicht, ihre Staatsbürger unabhängig von Konfession oder Ethnie vor Gewalt zu schützen.“ Die Verantwortlichen für Massaker an Minderheiten müssten zur Rechenschaft gezogen werden. „Aus innenpolitischer Sicht ist dazu sagen könnte, dass wir weiterhin daran festhalten, künftig auch nach Syrien abzuschieben – Straftäter und Gefährder zuerst – wenn die Lage in Syrien es zulässt.“
Der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion Markus Frohnmaier sagte: „Trotz der verbrecherischen Natur des neuen syrischen Regimes sind wir der festen Überzeugung, dass es manchmal leider erforderlich sein kann, auch mit bösartigen Akteuren zu verhandeln, wenn es den Interessen unseres Landes dient. Ähnlich wie im Fall der Taliban in Afghanistan muss das übergeordnete Ziel ein diplomatisches Verhältnis sein, das Rückführungen im großen Stil ermöglicht.“
Wann Deutschland wieder nach Syrien abschiebt, ist noch ungewiss. Anfang Juli wies das Bundesinnenministerium das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) an, die „Widerrufstätigkeit bezüglich syrischer Straftäter und Gefährder“ wieder aufzunehmen, falls eine Vollablehnung des Schutzanspruchs aufgrund der individuellen Umstände des Einzelfalls in Betracht kommt.
„Aufgrund der volatilen Lage in Syrien trifft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bei Asylanträgen von syrischen Staatsangehörigen zurzeit nur formelle Entscheidungen, insbesondere nach der Dublin-III-Verordnung“, sagte eine Ministeriumssprecherin.
„Über die allgemeine Wiederaufnahme der Entscheidungstätigkeit wurde noch nicht entschieden.“ (dts Nachrichtenagentur)