Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat eindringlich vor einer von der Industrie und von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) geforderten Lockerung der EU-Klimaauflagen für Autos und vor einer Rücknahme des sogenannten „Verbrennerverbotes“ gewarnt. „Sowohl die CO2-Flottengrenzwerte als auch das Zulassungsverbot für Diesel und Benziner müssen bleiben und dürfen nicht gelockert werden“, sagte Fratzscher der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstagausgaben).
„Ansonsten wäre der Schaden, gerade für Deutschlands Automobilindustrie, immens.“
Es sei „ein Irrsinn zu glauben, wir könnten eine Mauer um Europa bauen, E-Autos aus den USA und Asien nicht mehr reinlassen und innerhalb der Mauern unsere Diesel und Benziner abfeiern“, so Fratzscher weiter. „Das wäre ökonomischer Selbstmord mit Ansage.“
E-Autos seien auch keine Erfindung, um Deutschlands Autobauern das Leben schwer zu machen. „Der Verkehrssektor ist einer der großen CO2-Emittenten. Und E-Autos stoßen, wenn sie mit grünem Strom betankt werden, kein Klimagas aus.“ Die Entscheidung für die E-Mobilität sei längst gefallen, nicht in Brüssel oder Berlin, sondern in China, in Indien und den USA.
„Wenn Europa und Deutschland einen Sonderweg gehen wollen, wird Volkswagen noch ein Viertel, maximal ein Drittel seiner Verkaufszahlen für eine Weile retten können“, so Fratzschers Warnung. „Dann werden sie nicht drei Werke schließen und fünf Prozent ihrer Belegschaft abbauen müssen, dann müssten zwei Drittel der Mitarbeiter nach Hause geschickt werden“, sagte der DIW-Präsident.
Fratzscher reagierte auf lauter werdende Rufe einiger Autobauer und Politiker, die EU-Klimaauflagen zu lockern und zu verschieben. Das EU-weite Aus für fossil betriebene Autos sei aber „notwendig, um einen fairen Wettbewerb in Europa zu garantieren und den Unternehmen eine rechtzeitige Planung zu ermöglichen“, so der Ökonom. Die technologische Entwicklung gerade in China sei schon heute so weit, dass preiswerte E-Autos mit langen Reichweiten angeboten werden.
Und in China sei das Fahren mit erneuerbarem Strom auch längst deutlich preiswerter als mit Sprit.
„Kurzum: Ein sauberer und preiswerter Antrieb ersetzt eine klimaschädliche und teure Technologie“, lautet Fratzschers Resümee. „Ja, der Umstieg ist ein gewaltiger Kraftakt, der Zeit benötigt, auch für den Aufbau der Ladeinfrastruktur und so weiter. Aber jede weitere Verzögerung wäre katastrophal.“ (dts Nachrichtenagentur)