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Özdemir und Kretschmann warnen Grüne vor Annäherung an Linke

Die baden-württembergischen Spitzengrünen Cem Özdemir und Winfried Kretschmann warnen ihre Partei vor einer Annäherung an die Linke.

„Ich rate meiner Partei, sich nicht durch Umfragen zu falschen Richtungsentscheidungen hinreißen zu lassen“, sagte Özdemir, der bei der Landtagswahl 2026 Ministerpräsident werden will, dem „Spiegel“. Die Grünen hätten schließlich bei der Bundestagswahl nicht nur an die Linke verloren, sondern auch an die Union.

Zu Fragen der sozialen Gerechtigkeit habe die Partei „einen eigenen grünen Zugang, der über Aufstiegsmobilität, Lebenschancen und starke öffentliche Infrastrukturen geht und nicht die Kopie der Linkspartei“.

„Von der Linken müssen wir uns abgrenzen“, fordert auch der scheidende Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Wenn wir als Grüne mit linken Sprüchen ankommen, müssen wir uns nicht wundern, wenn die Wähler gleich das Original, die Linke, wählen“, sagte Kretschmann dem „Spiegel“. Für die künftige Rolle der Grünen werde entscheidend sein, dass sie in Baden-Württemberg weiterhin einen Ministerpräsidenten stellen, sagt Kretschmann und rät der Partei, Özdemir nicht in den Rücken zu fallen. „Der Bundespartei sollte viel daran liegen, ihn und seinen Kurs in diesem Wahlkampf zu unterstützen.“

Vertreter der Parteilinken sehen in der aktuellen Stärke der Linken eine Inspiration. „Von der Zuspitzung und der Personifizierung bei der Linkspartei können wir Grüne gut lernen“, sagte etwa der niedersächsische Bundestagsabgeordnete Timon Dzienus dem „Spiegel“. „Die Lockerheit und diese bekannten Gesichter haben wir nach dem Abgang von Robert Habeck und Annalena Baerbock derzeit zu wenig.“

Dzienus bezeichnet die Linke als einen strategischen Partner. „Ich würde nicht von einem Konkurrenzverhältnis sprechen, sondern dass man voneinander abhängig ist und sich gegenseitig braucht“, sagte der 29-Jährige. „Wenn wir verhindern wollen, dass es auf lange Zeit einen CDU-Kanzler gibt, müssen wir progressive Mehrheiten ohne Union ermöglichen“, so Dzienus. „Machtpolitisch ist das im Interesse der ganzen Partei.“

Grüne würden viel zu oft als „People-Pleaser“ wahrgenommen, kritisiert der Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, Jakob Blasel. Das seien Menschen, die es allen recht machen wollten und ihre eigenen Überzeugungen am Ende vernachlässigten. „Meine Partei muss in Verteilungskonflikten zwischen Reich und Arm weniger Sowohl-als-auch und mehr Entweder-oder lernen“, sagte Blasel. (dts Nachrichtenagentur)

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