In nordrhein-westfälischen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Behindertenhilfe und Psychiatrien sind Kindern und Jugendlichen über Jahrzehnte systematisch Medikamente missbräuchlich verabreicht worden. Das teilte das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales am Mittwoch mit.
Eine jetzt vorgestellte Studie belegt das Ausmaß der Praktiken zwischen 1946 und 1980.
Nach konservativen Schätzungen waren etwa 20 Prozent aller in den Einrichtungen untergebrachten jungen Menschen betroffen. Medikamente wurden demnach eingesetzt, um Kinder zu sedieren und gefügig zu machen, Psychopharmaka kamen routinemäßig zur ‚Erleichterung des Heimbetriebs‘ zum Einsatz, und einige Medikamente wurden sogar zu Forschungszwecken verabreicht.
Sozialminister Karl-Josef Laumann bat im Namen der Landesregierung alle Betroffenen um Verzeihung: „Es tut mir von Herzen leid, dass Einrichtungen, die ein Zuhause hätten sein sollen, zu Orten der Qual wurden mit Folgen, die bis heute nachwirken.“ Die missbräuchliche Medikamentengabe war oft mit anderen Gewalterfahrungen verflochten, insbesondere Gewaltpraktiken und sexualisierte Gewalt seien umfassender als bisher angenommen. (dts Nachrichtenagentur)