Blaulicht

AfD-Fraktion lacht am häufigsten – ist aber selten heiter

Keine Bundestagsfraktion lacht so viel wie die AfD. Das hat eine Auswertung sämtlicher Bundestagsprotokolle des Jahres 2024 und der beiden bisherigen Sitzungen des neuen Bundestages durch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ ergeben.

Die AfD hatte 2024 demnach 4,54 Lacher pro Abgeordnetem. Die anderen Fraktionen waren im Vergleich dazu weit abgeschlagen: Union: 1,84, SPD: 1,06, Grüne: 1,59, FDP: 1,03, Linke: 0,11, BSW: 0. Die Stenographen des Bundestages unterscheiden zwischen „Lachen“ und „Heiterkeit“, wobei Lachen ein kritisches Verlachen eines politischen Gegners bezeichnet und Heiterkeit eine positive Fröhlichkeit.

Die FAS zählte alle Lacher und teilte sie durch die Zahl der Abgeordneten einer Fraktion, weil eine größere Fraktion mehr Gelegenheit hat, durch das Lachen eines einzelnen Abgeordneten aufzufallen.

Bei der Heiterkeit, dem fröhlichen, positiven Lachen, war die AfD nicht stärkste Kraft. Da kam sie nur auf 1,36 Heiterkeitsmomente pro Abgeordnetem. Führend waren hier die Grünen und die FDP mit jeweils 2,60 Heiterkeitsmomenten pro Abgeordnetem. Danach folgten SPD mit 1,53, Union mit 1,37, Linke mit 0,71 und BSW mit 0,40.

Führende AfD-Abgeordnete erläuterten der FAS das Kalkül hinter ihrem Gelächter.

Einer der Parlamentarischen Geschäftsführer der AfD, Götz Frömming, sagte: „Es ist schon so, dass es die eigene Gemeinschaft stärkt und ein Lachen über andere ist, das mit einer gewissen Aggressivität verbunden sein kann.“ Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stefan Keuter sagte: „Wir nutzen das auch als Stilmittel. Wir lachen viel öfter als andere.“

Auch außerhalb des Parlaments nutzt die AfD eine spezielle Art Humor, um moralische Bedenken von Bürgern zu übergehen, etwa wenn angeblich kriminelle Asylbewerber als „Goldstücke“ verlacht werden. Keuter sagte: „Das ist ein typischer AfD-Humor. Man hat damit einen Türöffner, um Gehör zu finden, um etwas zu sagen, was eigentlich unsagbar ist und sonst der Sprachpolizei unterliegt. Ähnlich wie der Hofnarr im Mittelalter.“

Ein anderes Beispiel waren AfD-Leute aus Sachsen, die in einem Chat eine SS-Mütze posteten und schrieben: „Liebe Flüchtlinge, an diesen Mützen erkennen Sie Ihren Sachbearbeiter.“

Der Gießener Literaturwissenschaftler Uwe Wirth, der viel über Komik geforscht hat, warnte davor, über unmoralische Witze zu lachen. „Die Lust am Witz ist natürlich, dass es gelingt, diese Hemmung durch einen Witz zu umgehen und Komplizen zu finden, die einen durch ihr Lachen belohnen“, sagte Wirth.

Wer lacht, habe sich also verführen lassen, er bilde eine „Werte- und Witzgemeinschaft“, wie Wirth sagte. (dts Nachrichtenagentur)

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